
Bilder erzählen - Sammlung Peter Schmidt
Ein Schatz des 19. Jahrhunderts
Die Sammlung Peter Schmidt ist von einem hohen kunst- und kulturgeschichtlichen Wert. Den Hauptteil der Sammlung bilden Gemälde der Münchner Schule und der Düsseldorfer Malerschule des 19. Jahrhunderts, mit Werken ihrer ausgezeichneten Hauptvertreter, darunter Carl Theodor von Piloty, Wilhelm von Diez, Franz von Defregger und Hugo Kauffmann sowie Ludwig Knaus, Benjamin Vautier und Christian Ludwig Bokelmann.
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Einzigartig
Das gleichwertige Nebeneinander dieser beiden berühmten Malerschulen stellt zudem ein Alleinstellungsmerkmal dieses Museums dar. Andere Sammlungen präsentieren entweder die Münchner oder die Düsseldorfer Malerschule.
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International
Darüber hinaus sind zahlreiche internationale Künstler vertreten. Sie stammen aus der Schweiz, Frankreich, Italien, Belgien, Holland und Dänemark, aus England, Schottland und Irland oder auch aus Russland und Amerika.
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Künstlerinnen
Außerdem kann die Sammlung auch einige Künstlerinnen vorweisen. Frauen blieb damals die akademische Ausbildung verwehrt; es standen ihnen nur private Malschulen offen. Umso wertvoller sind die erhaltenen Werke der Münchnerin Hedwig Oehring und der in Düsseldorf tätigen Malerin Ernestine Friedrichsen.
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Bilder des Lebens
Die Genremalerei, früher auch Sittenmalerei genannt, schildert das alltägliche Leben der Menschen. Die Bilder erzählen anekdotenhaft, unterhaltsam und pointiert von den Lebens- und Vorstellungswelten unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten und Bevölkerungsgruppen im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.
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Ausstellungskonzept
Die Gemälde werden auf lebendige Weise
vor farbigen Wänden präsentiert -
gegliedert in sieben Themenbereiche:
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• Wirtshaus und Geselligkeit
• Arbeitswelten
• Obrigkeit und Ordnungsmacht
• Musik, Tanz und Gesang
• Familienleben und Kinderspiel
• Galanterie, Liebe und Sehnsucht
• Religion und Rituale.
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Die Ausstellung wurde von den Kunsthistoriker:innen
Julie Kennedy M.A. (+2024), Dr. Friederike Wille und Dr. Helmut Hess kuratiert.
Wirtshaus und Geselligkeit
In der Genremalerei des 19. Jahrhunderts spielten Darstellungen von Wirtshausszenen eine prominente Rolle. Im Wirtshaus als Ort des sozialen Miteinanders trafen alle gesellschaftlichen Schichten aufeinander. Hier wurde getrunken, gefeiert, gespielt, getanzt, gesungen, gegessen, geraucht und gerauft. Hier wurden Nachrichten lokal und überregional ausgetauscht, Stammtische abgehalten und Liebeleien angebahnt. Aber auch fahrende Händler und Barbiere, die den Gästen ihre Waren und Dienste anboten, waren dort anzutreffen.

Adolf Eberle - Eine spannende Jagtgeschichte
Arbeitswelten

Ernestine Friedrichsen - Streitende Lumpensammlerinnen
Das vielseitige Thema der Arbeit inspirierte die Genremaler des 19. Jahrhunderts zu einer Fülle von pittoresken Schilderungen der Menschen in ihren alltäglichen Beschäf-tigungen. Dabei lag der Fokus auf der bäuerlichen Arbeitswelt, die zwar detailliert und scheinbar wirklichkeitstreu wiedergegeben wird, aber dennoch ein stark idealisiertes, von Leichtigkeit geprägtes Bild der realen Arbeitsbedingungen der Zeit liefert. Im Gegensatz zu zeitgleich entstandenen Werken des Realismus mit eindrucksvollen Darstellungen der industrialisierten Arbeit pflegte die Genremalerei, fern jeglicher Sozialkritik, eine vom Fortschritt verschonte Illusion des Arbeitsalltags.
Obrigkeit und Ordnungsmacht
Beliebte Themen der Genremalerei waren Konfrontationen und vermeintliche Konfliktsituationen mit der Obrigkeit und dem Gesetz, wie sie der Betrachter auch aus eigenem Erfahrungshorizont kennen bzw. leicht nachvollziehen konnte. Die Handlungsorte waren meist das ländliche Dorf und die Kleinstadt. Gezeigt wurden allgemein bekannte Ereignisse, wie der ungeliebte Gang zu Gericht, Gesetzesverkündungen oder Ordnungserlasse vor der Dorfgemeinschaft, Kontrollaufgaben der Obrigkeit und Gesetzesüberschreitungen, die aber meist harmloser Natur waren und eher mit einem Augenzwinkern geschildert wurden.

Ernst Boch, Die Taschendiebakademie
Musik, Tanz und Gesang

Heinrich Leinweber, Der erste Walzer, 1873
Das fröhliche, sorgenfreie Beisammensein, fern der Belastungen des Alltags, übte von je her große Faszination und Sehnsucht auf Menschen aus. Das gemeinsame Musizieren, Tanzen oder Singen erfuhr im 19. Jahrhundert eine neue, große Aufmerksamkeit und Popularität. Der bürgerliche Walzer löste das höfische Menuett ab und wurde zum modernen Gesellschaftstanz, der alle Schichten zu verbinden vermochte. Die Vertrautheit mit dem neuen Tanz verdeutlicht der Titel des Gemäldes von Heinrich Weber von 1873. Schon die kleinen Kinder tanzen unter den gerührten Blicken der versammelten Familie ihren ersten Walzer …
Familienleben und Kinderspiel

Ludwig Knaus - Die Mausefalle
Szenen aus dem Familienleben mit glücklich spielenden Kindern zählten zu den beliebtesten Sujets der Genremalerei im 19. Jahrhundert und bilden auch in der Sammlung einen thematischen Schwerpunkt. Durchweg vermitteln die Werke das Bild einer Familienidylle, eines Ideals von harmonischem Zusammenleben zwischen den Generationen in einer unbeschwerten, heilen Welt. Die Familienkonstellation bot den Malern eine unerschöpfliche Quelle alltäglicher Situationen, mit denen sich die bürgerliche Klientel leicht identifizieren konnte …
Galanterie, Liebe und Sehnsucht

Peter Baumgartner - Die Zigarre
Das große und unerschöpfliche Thema der Liebe war bereits in der Genremalerei des 18. Jahrhunderts omnipräsent. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es unter primär bürgerlichen Moralvorstellungen und Gesellschaftsnormen geradezu inflationär bebildert und diente als beliebte Projektionsfläche für die Herzenswünsche der Betrachter und Betrachterinnen. In sentimentalen, amourösen, humorvollen oder dramatischen Szenen, die in anekdotischer Weise von Begehren, Verführung, Sehnsucht, Enttäuschung und Kummer erzählen, sind die Protagonisten gemäß den gesellschaftlichen Konventionen der Zeit in traditioneller Rollenverteilung dargestellt. Als galanter oder stolzer Verehrer übernimmt der Mann den aktiven Part, während der zumeist jungen Frau im Heiratsalter eine passive Rolle zufällt: Sie empfängt Herrenbesuch, ist Objekt von Avancen und Begierde oder wartet in häuslichem Interieur sehnsüchtig auf den geliebten Abwesenden.
Religion und Rituale
Zur Schilderung alltäglicher Lebenssituationen gehörte auch die Darstellung der Eingebundenheit des Menschen in eine christlich geprägte Welt. Lebenswenden wie Geburt und Taufe, Eheschließung und Tod als vom Christentum geformte Übergangsriten wurden ausgiebig bebildert. Auch gesellschaftliche Rituale und Bräuche wie die Heiratsvermittlung, das Vorsprechen des Bräutigams vor dem Brautvater, das sogenannte Hand anhalten, oder der obligatorische sonntägliche Gang zur Kirche wurden detailliert und stimmungsvoll in Szene gesetzt.

Eduard Grützner, Aveläuten im Klosterbraustuberl
